Die San von Namibia
Der Begriff San bezeichnet eigentlich mehrere Völker. Es ist
ein Überbegriff für verschiedene, miteinander verwandte
Volksgruppen, wie der !Kung und Ju/'hoansi. Woher das Wort
genau kommt ist nicht ganz klar, aber vermutlich stammt es aus
der Sprache der Nama, der größten Untergruppe der Khoikhoi.
Die Khoikhoi, besser bekannt unter dem verächtlichen Terminus
Hottentotten, sind ein sesshaftes Volk und benutzten den
Begriff San, um sich von ihren nomadisierenden Verwandten
abzugrenzen. Der Begriff San ist etwas problematisch, da er
ursprünglich von wohlhabenden Angehörigen des Khoikhoivolkes
abwertend verwendet wurde und soviel wie Fremder, Außenseiter
oder Nichtsnutz bedeutet. Khoikhoi und San unterscheiden sich
eigentlich nur in ihrer Lebensweise und werden teilweise von
Ethnologen als einheitliches Volk betrachtet und unter dem
Namen Khoisan zusammengefasst. Im deutschen Sprachraum hat
sich, abgeleitet von der niederländischen Bezeichnung
Boosmanjes, der Begriff Buschleute eingebürgert. Dieser
Begriff hat sich bis heute gehalten, gilt aber allgemein als
beleidigend. Deshalb wird der Bezeichnung San, auch von
Angehörigen der betroffenen Volksgruppen, der Vorzug gegeben.
San Geschichte
Die San werden von vielen Forschern als das älteste Volk der
Erde angesehen. Diese Theorie stützt sich auf genetische und
linguistische Untersuchungen. Ihre einzigartige Sprache mit
den charakteristischen Klicklauten wird oft als ein Überrest
einer menschlichen Ursprache angesehen. Während die San selbst
der Ansicht sind, dass sie schon immer im Süden Afrikas
lebten, gibt es auch die Vermutung, dass sie ursprünglich aus
Ostafrika einwanderten. Wann genau sie nach Südafrika kamen,
ist nicht gesichert. Manche meinen vor 10000 Jahren, andere
glauben vor 25000 Jahren. Als gesichert gilt, dass die San ab
dem 15. Jahrhundert von den Khoikhoi und von bantusprechenden
Völkern in unwirtliche Gegenden abgedrängt wurden.
Die San Geschichte ist geprägt von Übergriffen anderer Völker
und Nationen. Vom 17. bis ins 19. Jahrhundert gab es unter
der Herrschaft der niederländischen Buren regelmäßige
Vernichtungsversuche in der südafrikanischen Kapregion. Die
Überlebenden flohen entweder in die Kalahari-Wüste oder wurden
auf dem Sklavenmarkt feilgeboten. Noch im 20. Jahrhundert
versuchten deutsche Kolonialherren, die San in Namibia
auszurotten. Dass die südafrikanische Armee in Namibia und die
Portugiesen in Angola tausende San als Fährtensucher gegen die
jeweiligen Unabhängigkeitsbewegungen einsetzten, brachte dem
Volk auch Antipathien anderer afrikanischer Völker ein. In
Angola wurden die San danach fast vollständig vertrieben. Das
an Namibia und Südafrika angrenzende Botswana war das einzige
Land, in dem die San relativ unbehelligt leben konnten. Doch
leider änderte sich das knapp vor der letzten
Jahrtausendwende. Seither kommt es zu
Menschenrechtsverletzungen und Zwangsumsiedlungen, die wohl
nicht zufällig mit der Entdeckung großer Diamantvorkommen in
der Kalahari einhergingen.
Heute leben viele San im sogenannten Buschmannland in Namibia,
ihrer eigenen Kultur weitestgehend beraubt. Das nomadische
Volk wurde zur Sesshaftigkeit gezwungen und viele fristen ein
trostloses Dasein. Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und
Orientierungslosigkeit beherrschen den Alltag des einst freien
Volkes. „Platz des Todes“ nennen die San Tsunkwe, die
Hauptstadt von Buschmannland.
San Lebensart
Traditionell sind die San eine Jäger- und
Sammler-Gesellschaft, vergleichbar mit den Pygmäen
Zentralafrikas. Aufgrund der relativ geringen Körpergröße der
San, wurden sie auch oft mit den Pygmäen verwechselt, stehen
zu diesen aber in keiner Beziehung. Ihre Nahrungsbeschaffung
erfolgt hauptsächlich durch das Sammeln von Wurzeln, Nüssen
und Früchten und durch die Jagd. Das Sammeln ist Aufgabe der
Frauen, das Jagen Aufgabe der Männer. Diese Arbeitsteilung
nach Geschlechtern sagt aber nichts über den sozialen Status
der Frauen oder Männer aus. Die San wurden immer wieder,
besonders von marxistisch geprägten Anthropologen, als ein
Paradebeispiel für eine egalitäre Gesellschaft angesehen.
Frauen und Männer sind gleichgestellt und Entscheidungen
werden in der Gruppe getroffen. Dabei beraten sich alle
Mitglieder der Gruppe bis ein für alle stimmiger Konsens
erreicht wird. Kinder haben keinerlei soziale Verpflichtungen.
Sie sollen spielen und einfach nur Kinder sein. Vergnügen ist
überhaupt ein wichtiger Bestandteil der San Lebensart. Auch
Erwachsene verbringen viel Zeit damit, zu singen, zu tanzen
und zu lachen.
Die San praktizieren die älteste Jagdform der Welt, die
sogenannte Ausdauerjagd. Dabei wird das Wild von einem Jäger
so lange verfolgt, bis es vor Erschöpfung zusammenbricht. Die
längste dokumentierte Jagd in dieser Art dauerte vierzig
Stunden. Während dieser Zeit ist der Jäger ununterbrochen
gerannt. Als Waffen verwenden die San Wurfspeere oder Pfeil
und Bogen. Die Pfeile werden dabei mit einem Insektengift
bestrichen. Auch Kinder werden oft schon zur Jagd mitgenommen.
Da Jagden oft mehrere Stunden oder Tage dauern können, kauen
die Jäger währenddessen auf einer speziellen Wurzel, Hoodia
genannt. Diese unterdrückt das Hunger- und Durstgefühl und
erhöht somit die Ausdauer.
San Kultur
Die San haben sich als sehr resistent gegenüber christlichen
Missionierungsversuchen erwiesen. Sie sind zum größten Teil
Anhänger eines animistischen Glaubens. Nach ihrer Auffassung
ist alles mit einem Geist beseelt und die Seelen Verstorbener
bleiben auf der Erde. Ihre Toten begraben sie mit dem Gesicht
nach Osten, denn sonst, so glauben sie, geht die Sonne später
auf. Sonne, Mond und alle Gestirne sind für sie ebenfalls
göttliche Wesen und spielen eine zentrale Rolle in den Mythen
und Riten der San Kultur. Auch Tiere sind in ihren Mythen eng
mit dem Göttlichen verbunden. So betrachten sie beispielsweise
die Gottesanbeterin als göttlichen Boten. Eine Begegnung mit
diesem Insekt gilt als Botschaft, die von Wahrsagern
entschlüsselt werden muss.
Krankheiten sind ihrer Auffassung meist von Geistern geschickt
und werden in langen Heilritualen behandelt. Dabei tanzen
Mitglieder der Gemeinschaft, die den Weg des Heilers oder der
Heilerin eingeschlagen haben, solange bis sie in Trance
fallen. Dabei entwickeln sie eine besondere Energie, in der
Sansprache !kia genannt, die es ihnen ermöglicht, Krankheiten
zu erkennen und zu entfernen. Diese Tänze dauern von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Während dieser Zeit tanzen
die Heiler und Heilerinnen ohne Unterbrechung. Danach brauchen
sie oft einen Tag, um sich davon zu erholen. Bei diesen Tänzen
werden jedoch nicht nur physische und psychische Leiden
kuriert, sondern auch soziale Spannungen. Eifersucht, Zorn,
Neid und Ähnliches bedarf nach Ansicht der San ebenfalls der
Heilung. Neben den ekstatischen Trancetänzen kommen auch
Heilpflanzen zum Einsatz. Besonders die Sanfrauen verfügen
über eine umfassende Kenntnis in diesem Bereich. Der Weg des
Heilens steht allen Mitgliedern offen und so ist beinahe jeder
zweite San als Heiler oder Heilerin ausgebildet.
Living Museum
Zur Erhaltung der San Kultur und San Lebensart wurde das
Lebende Museum der Ju/:hoansi gegründet. Dieses befindet sich
in Namibia in der Nähe von Tsunkwe. Dort können Besucher in
die Welt der San eintauchen und auch die San selbst haben die
Möglichkeit, ihre Traditionen vor dem Vergessen zu bewahren.
Die dort lebenden San sind die einzigen in Namibia, denen es
erlaubt ist zu jagen. Initiiert wurde das Living Museum von
Werner Pfeifer und Ghau N!aici. Es wird von den San selbst
verwaltet und es wird großer Wert auf Authentizität gelegt.
Mittlerweile ist es ein touristischer Höhepunkt Namibias.
Besuchern wird die Möglichkeit geboten, die traditionelle Jagd
der San mitzuerleben und Zeugen ihrer Kultur zu werden. Von
den San selbst angefertigtes Kunsthandwerk, ebenfalls
authentische Zeugnisse ihrer Kultur, werden zum Verkauf
angeboten. Der Erlös geht direkt an die San. Dadurch bietet
das Museum den San einen Weg aus der Orientierungslosigkeit
und eine Einnahmequelle. Der Arbeitslosigkeit kann so entgegen
gewirkt werden und viele heranwachsende San, beginnen sich
wieder mit ihrer alten Kultur zu identifizieren.
Namibia – das Volk der Damara
Reist man in den Süden Afrikas, dann ist Namibia eins der
faszinierenden Länder, die man hier besuchen kann. Vor allem
die hier lebenden Volksstämme sind durch ihre Sitten und
Gebräuche ein interessantes Beispiel, wie Traditionen über
viele Generationen immer weitergegeben wurden. Der Reisende
wird immer wieder auf Riten und Bräuche treffen, die zeigen,
dass die Völker Afrikas schon uralte Naturvölker sind und
vielleicht sogar die ersten Bewohner dieser Erde, die sich zu
Stämmen zusammenschlossen.
Die Damara – die Nachkommen uralter Kulturen
Liegen die Ursprünge der Damara auch vielleicht für immer im
Dunkel der Frühzeit des Kontinents Afrika verborgen, so weiß
man doch das sie wohl aufgrund ihrer Erscheinungsform eher
Schwarzafrika zugeschrieben werden können. Die Damara, die
sich als Nu-khoin bezeichnen, haben ihre dunkle Hautfarbe zum
absoluten Schönheitsideal erkoren und scheinen eins der
ältesten Völker im Süden Afrikas zu sein. Betrachtet man
Kultur und Sprache dieses Volkes, dann scheinen sie
ursprünglich zu den Khiosan-Völkern gehört zu haben, von denen
sie sich aber im Aussehen wesentlich unterscheiden. Betrachtet
man die Geschichte der hier lebenden Volksstämme, dann waren
die Damara immer in einer unterlegenen Position. Erwähnt
wurden die Damara vor allem in der Vergangenheit als sehr
geschätzte Sklaven, da sie über vielfältige handwerkliche
Fähigkeiten verfügten und als besonders fleißig galten. So
waren sie den ankommenden Buren, die schon seit 1652 hier eine
neue Heimat suchten, beim Aufbau der großen Farmen eine große
Unterstützung und sie verhalfen mit ihren Fähigkeiten den
ankommenden Europäer dazu, dass hier eine gut funktionierende
Landwirtschaft entstand. Doch nicht die ankommenden Weißen
machten die Damara zu Sklaven, andere Völker im Süden Afrikas
zeigten sich schon Jahrhunderte früher als dominante Herrscher
dieses Kontinents und Stämme wie die Nama und die Herero
machten aus den ersten Bewohner des südlichen Afrikas willige
Arbeiter und Sklaven. So ist es nicht verwunderlich, dass man
weder von ausgedehnten Eroberungszügen der Damara je gehört
hat, noch von großen Herrschern, die durch ihre Dominanz und
ihren unerbittlichen Machtwillen je aufgefallen wären.
Stattdessen werden schon in früheren Zeiten die Fähigkeiten
der Damara gelobt, weil sie schon zu einem frühen Zeitpunkt
die Schmiedekunst beherrschten. Doch ansonsten bleibt die
Geschichte dieses Volkes eher im Verborgenen
Die Damara – Sitten, Gebräuche und besondere Fähigkeiten
Was schon die ersten Buren an den Damara lobten, dass zeigt
sich auch bei den Damara der heutigen Zeit, die immer noch
über besondere Fähigkeiten in der Landwirtschaft verfügen. So
wurden unter schwersten Bedingungen von den Damara bei den
Buren blühende Farmen errichtet und auch die Pflanzung von
Tabakgärten war eine Kunst, die nur die Damara im Süden
Afrikas beherrschten. Schon früh konnte dieses Volk Eisen und
auch Kupfer schmelzen, was sie für das Schmieden
frühzeitlicher Waffen für die Jagd nutzten. Die heutigen
Damara verfügen aber nicht mehr über blühende Landschaften,
denn sie haben sich in einem Teil des Landes Namibia
angesiedelt, der zu den ärmsten und unfruchtbarsten Gegenden
der Welt gehört. Jetzt leben die Damara in der Hauptsache von
der Ziegenhaltung und -zucht, wobei man in Namibia nur noch
sehr selten auf eine Ansiedlung dieses traditionsreichen
Volkes trifft aufgrund der widrigen Lebensumstände in Namibia.
Waren die Damara in der Frühzeit ein Volk, dass von der Jagd
und von der Zucht von Rindern, Schafen und Ziegen lebte, so
gingen im Laufe der langen Sklaverei doch viele dieser
Fähigkeiten und kulturellen Eigenheiten für immer verloren.
Besieht man sich die Gesellschaft der Damara so waren die
Frauen hier immer die Eigentümer der so wichtigen Hütten, der
Mann hingegen konnte sich nur das Anrecht auf einen Platz zum
Schlafen sichern. Aus Fellen und Häuten fertigten die Damara
immer die eigene Kleidung, wo die Frauen dieses Volkes diese
Kleidung auch gerne mit Knochen und Perlen verschönerten.
Gingen die Männer auf die Jagd, so waren die Frauen dazu
auserkoren auf Wanderungen nach wichtigen Wildpflanzen
Ausschau zu halten. Obwohl schon lange als sesshaft geltend,
mussten die Menschen der Damara doch immer wieder lange
Wanderungen machen, da so nur Tiere für die Jagd und wichtige
Wildkräuter und -pflanzen gefunden werden konnten. Wichtigstes
Ritual der Damara war immer wieder die Initiation der Jungen,
wo die Jungen des Volkes mit einem Einführungsritual in die
Gesellschaft der Männer aufgenommen wurden. Hierbei musste der
junge Mann auf der Jagd sein erstes großes Tier erbeuten, um
sich hier als Mann beweisen zu können. Bei den Damara wurden
Ehen immer arrangiert, wobei der Vater als Vermittler der
Kinder dafür sorgte, dass das Wohl des Clans bei der Wahl
eines Partners immer im Vordergrund stand..
Das Volk der Damara – die Gesellschaft und ihre traditionellen
Führer
Betrachtet man die Gesellschaft der Damara, dann fallen die
unterschiedlichen Clans auf und aus diesen Clans kamen seit
Ende des 18. Jahrhunderts immer wieder die Führer des
Damaravolkes. Als einer der letzten großen traditionellen
Führer der Damara wurde für viele Jahre Justus Gaob ǁGaroëb
gewählt, der sich auch später für die Wahl zum Präsidenten von
Namibia nominieren ließ. War die Gesellschaft der Damara in
früheren Zeiten durch die Jagd und das Sammeln, aber auch den
Tauschhandel ein recht wohlhabendes Volk, so kam es ab 1830 zu
einem Wandel der Gesellschaft. Durch den steigenden Einfluß
der Europäer wechselten die Damara zur Viehzucht und hierdurch
trat im Laufe der Zeit immer mehr eine Verarmung der einzelnen
Clans ein. Letzten Zählungen zufolge haben die Damara einen
Bevölkerungsanteil von 8 Prozent in Namibia und es soll noch
132000 Damara in diesem Land geben. Gab die Regierung auch in
den letzten Jahren das Land der früheren Burenfarmen an die
Damara zurück, so sind die früher herrschaftlichen Gebäude nur
noch Ruinen und das Land ist lange schon überweidet. So
erweist sich gerade das Land auf dem die Damara gesiedelt
haben, zwar als wunderbare Naturlandschaft für viele Urlauber,
aber die Damara sind ein entwurzeltes Volk, das in Armut leben
muss.
Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln – das lebende Museum
der Damara
Wer als Urlauber nach Namibia gereist ist, der sollte auch
nach Twyfelfontein reisen, denn hier bietet sich die einmalige
Gelegenheit in einem lebenden Museumdorf die Kultur und
Lebensgewohnheiten der Damara zu besichtigen. Mal die Hütten
der Damara direkt betrachten können und auch die innere
Einrichtungen einer solchen Hütte sehen können, im lebenden
Museum der Damara ist dies alles möglich. Jetzt kann man die
traditionelle Zubereitung der Mahlzeiten der Damara erleben,
aber auch die Fertigung der Kleidung wird hier eindrucksvoll
vorgeführt. Natürlich dürfen auch die traditionsreichen Tänze
der Damara nicht fehlen und alle kulturellen Besonderheiten
werden dem Urlauber hier erklärt. Ist dies selbstverständlich
für die Damara eine gute Einnahmequelle, so kann man aber auch
sagen, dass hier ein Volk nach seinen Wurzeln sucht und sie
auch wieder, wenn auch nur im Kleinen, zu finden scheint. Was
die Sklaverei und die Buren zu zerstören drohten, kann jetzt
wieder in das Leben der heutigen Damara mit eingeführt werden.
Ein Leben, den kargen Möglichkeiten der Natur des Landes
Namibia angepasst, kann wieder dazu führen, dass man mit den
Traditionen der Vergangenheit den Weg in eine bessere Zukunft
findet. Der Urlauber, der das lebende Museum der Damara
besucht, der kann aber mit einem Andenken ein wunderbares
Stück Kultur der Damara in seine Welt mitnehmen. Dies trägt
vielleicht dazu bei, dass der reisende Mensch erkennt, dass
gerade Afrika eine Welt ist, für die sich jede Unterstützung
lohnt, damit die Menschen dieser Region und vor allem auch die
Damara eine Zukunft haben.
Namibia – Das Volk der Ovahimba
Das Land Namibia zeichnet sich durch die starken Gegensätze
aus. Während die Fläche doppelt so groß im Vergleich zu
Deutschland ist, leben hier nur 2,2 Millionen Menschen. Dies
ist die geringste Bevölkerungsdichte weltweit. Dennoch kann
hier eine ethnische Vielfalt erlebt werden, die größer ist,
als in allen anderen Ländern des Kontinents. Die einstigen
Ureinwohner leben mit den Ethnien friedlich zusammen. Jeder
pflegt seine Kultur und seine Rituale aber dennoch teilen sie
sich ihr Parlament.
Ein Volk Namens Ovahimba, oder auch Himba genannt, lebt im
Norden Namibias sowie im angrenzenden Angola. Diese kleine,
aber kulturell sehr interessante Bevölkerungsgruppe wird nun
im Einzelnen vorgestellt.
Die Geschichte der Ovahimba
Im 15. Jahrhundert kamen die Mbandu aus Zentralafrika nach
Botswana. Etwa im 16. Jahrhundert wanderte von hier aus eine
kleine Gruppe nach Namibia und ließ sich im Kaokofeld nieder.
Hier lebten sie als Jäger und Sammler. Der andere Teil
siedelte sich im Norden Namibias an und bildete die Stämme der
Herero. Diese Völker entwickelten sich unterschiedlich.
Während die Herero unter dem Einfluss der weißen Siedler
standen und sich stark veränderten, blieben die Himba deutlich
unberührter. Die Himba galten zunehmend als zweitklassige
Bevölkerung, was die Trennung der Völker verstärkte. Die Himba
litten unter den Angriffen der Namba, sodass sie in das
benachbarte Angola flohen. Später wurde ihnen, unter der
Verwaltung der Südafrikaner, das Kaokoland als Homeland
zugewiesen
Heute zählen knapp 10.000 Menschen zu den Himba, die seither
im Kaokoland leben.
Lebensart und Kultur
Die Himba sind wahre Viehzüchter, mit ihren Herden ziehen sie
durch das Kaokoland auf der Suche nach Weideplätzen.
Gleichzeitig stellt die Größe der Herden den Status der
Familien dar: eine große Herde spricht für Reichtum und
soziale Anerkennung.
Aus dem Fell und der Haut ihrer Tiere fertigen sie sich
Lederschurzen. Auf Schmuck legen sie jedoch mehr Wert als auf
Kleidung. So kann man beispielsweise an der Beintracht
erkennen, wie viele Kinder eine Himba Frau hat. Auch die
Frisur hat eine Bedeutung. Kinder tragen die Haare meist ins
Gesicht fallend und mit Perlen verziert. Heiratsfähige Mädchen
hingegen haben nur 2 Fransen im Gesicht hängen. Verheiratete
Frauen tragen geschmückte Fellhauben. Alle tragen gedrehte und
mit Ocker eingeriebene, längere Haare. Das äußere
Erscheinungsbild macht einen großen Teil ihrer Kultur aus.
Da sie in der kargen Region häufig mit Dürren und
Wasserknappheit zu kämpfen haben, reiben sie ihre Haut mit
Kakaobutter und Erde ein, um sie vor Austrocknung und der
Sonne zu schützen. Dies verleiht ihnen außerdem die
charakteristische rötliche Hautfarbe.
Die Himba sind ein sehr geselliges und fröhliches Volk. So
kommen sie häufig spontan zusammen und singen und tanzen zu
Texten, die über Probleme, Erfolge oder Pläne der Gruppe
informieren. Die Häuser der Himba werden aus Palmenblätter,
Lehm und Dung kegelförmig errichtet. Einige Häuser sind nur in
Perioden bewohnt, da die Himba mit ihren Herden von Hof zu Hof
ziehen. Jeder Distrikt hat einen König bzw. einen Häuptling.
Er hat vielfältige Aufgaben. Er muss z.B. dafür sorgen, dass
das Volk mit Nahrung und Wasser versorgt ist und dass der
Kontakt zu Regierungsstellen gehalten wird.
Einen großen Teil ihrer Religion macht der Glaube an das Feuer
aus. Es gilt als Medium mit den Vorfahren, so können die
Verstorbenen am Leben teilnehmen. Damit das Feuer nie
erlischt, sodass der Kontakt zu den Ahnen abgebrochen wäre,
wird ein Himba ausgewählt, der sich um das Beschaffen von Holz
kümmern muss. Diese Aufgabe wird bis zum Tode ausgeübt und
danach an den ältesten Sohn weiter vererbt.
Die Erbfolge ist bei den Himba etwas komplizierter, als man es
gewohnt ist. So vererbt der Mann seine Herde an die Kinder
seiner Schwester. Seine Kinder erben dann später die Herde vom
Bruder der Mutter.
Neben der Viehzucht und dem geringen Ackerbau beschäftigen
sich die Männer mit dem Fertigen von Andenken für Besucher,
welche sie dann verkaufen.
Insgesamt läuft das Leben der Himbas heute etwas
zivilisierter. So stehen beispielsweise mobile Schulen für die
Kinder zur Verfügung, um die englische Sprache zu erlernen.
Bisher haben sie ihre Kultur gepflegt und sie wird auch noch
einige Zeit bestehen bleiben.
Bedroht wird die Lebensweise der Himbas aber zunehmend durch
Touristen. Diese schenken den Ureinwohnern T-Shirts und
Schuhe, oder tauschen diese gegen Andenken. So wird die
ursprüngliche Bekleidung, nämlich die Lederschurze langfristig
verdrängt.
Eine weitere, durchaus größere, Gefahr stellt ein geplanter
Staudamm an den Epupa Wasserfällen dar.
Durch den Damm würden nicht nur die einzigartigen Wasserfälle
zerstört. Auch die Weideflächen und Dörfer der Himbas würden
überflutet werden. Viele von ihnen müssten dann früher oder
später in die Slums der Städte ziehen und würden ihre Kultur
dabei vernachlässigen oder gar aufgeben. Bei dem Thema
Staudamm kommt hinzu, das die Himbas kaum mitreden können, da
die Regierung, größtenteils bestehend aus Ovambos, die Himbas
als Halbwilde betrachtet. Außerdem sind die Himbas hier noch
aus der Zeit des Buschkrieges unbeliebt, das sie zwischen die
Fronten gerieten und sich auf die Seite der Südafrikaner
stellten.
Daher muss dazu beigetragen werden, die Himbas zu
unterstützen, damit diese einzigartige und seit langer Zeit
existierende Kultur gewahrt wird. Die Ovahimbas sind hierbei
auf Hilfe angewiesen, um nicht verdrängt zu werden oder immer
mehr westliche Kulturen anzunehmen.
Living Museum
Seit Sommer 2010 unterstützt die Living Culture Foundation
Namibia eine Gruppe von Ovahimbas. Sie leben wenige Kilometer
entfernt von der Hauptstadt der Himbas Opuwo. Diese Gruppe
wird dabei unterstützt, ein Living Museum aufzubauen.
Damit soll verhindert werden, dass die Himbas mit Naturalien
bezahlt werden, damit die Touristen Einblick in ihre Kultur
erlangen. Die Reiseveranstalter empfehlen den Touristen bei
den Touren zu den Dörfern der Himbas Naturalien mitzubringen.
Die Himbas erhalten so Mais, Tabak oder Zucker als Dank, dass
sie die Menschen an ihrer Kultur teilhaben lassen. Angeblich
will man die Himbas so vom Alkohol abhalten, der gekauft und
verzehrt werden würde, wenn sie Geld erhalten würden. Bemerkt
wird aber selten, dass die Himbas auch einen ganzen Sack Mehl
gegen eine Kiste Bier tauschen. Außerdem wird argumentiert,
dass das Geld die Kultur der Himbas zerstören würde. Mit Hilfe
der Living Culture Foundation Namibia soll ein lebendes Museum
aufgebaut werden, welches nur gegen Bezahlung in Geldform
besucht werden kann. Damit wird die Bezahlung mit Naturalien
eingedämmt, sodass die Ovahimbas nicht ausgenutzt werden.
Des Weiteren soll die Bezahlung im Verhältnis zum kulturellen
Erlebnis fair gestaltet sein. Mit dem Geld können die Himbas
selbst entscheiden, was sie kaufen wollen. So lernen sie nicht
nur den Umgang mit Geld, sondern auch eine gewisse
Selbstständigkeit.
Bei diesem Projekt steht also neben der fairen Bezahlung auch
der Schutz der besonderen Kultur der Himbas im Vordergrund.
Fazit
Die Ovahimba sind ein ursprüngliches Volk, die es geschafft
haben, ihre lange praktizierte Kultur über viele hundert Jahre
zu bewahren. Doch auch in Namibia kommen die Menschen in der
heutigen Zeit nicht mehr ganz ohne Geld aus.
LCFN hat es sich daher zum Ziel gemacht, die Völker Namibias
dabei zu unterstützen, die Armut zu bekämpfen. Sie werden
bestärkt, sich nicht von Touristen ausnutzen zu lassen und
ihre Kultur wird dennoch geschützt.
Dabei wird den Menschen nur dort geholfen, wo Hilfe erwünscht
ist und wo Interesse an der Entwicklung besteht. Damit bietet
die Living Culture Foundation Namibia eine Möglichkeit für die
Himbas, sich zu entwickeln, den modernen Gegebenheiten
anzupassen und trotzdem ihre Kultur zu pflegen und zwar nur,
wenn sie auch wirklich wollen.
Namibia – Das Volk der Mafwe
Zu den Ureinwohnern Namibias gehört das Volk der Mafwe, einer
der fünf Caprivianer-Stämme, die im nordöstlichen Zipfel
Namibias, dem Caprivi-Zipfel, leben. Diese traditionelle
Gemeinschaft blickt auf eine bewegte Geschichte und eine
reiche Kultur mit vielfältigen Traditionen.
Die Geschichte der Mafwe
Nach mündlichen Überlieferungen geht die Geschichte der Mafwe
zurück bis ins 16. Jahrhundert, aber eine Dokumentation
erfolgte erst durch die europäischen Kolonialmächte. Demnach
wanderte das Volk der Mafwe im 18. Jahrhundert in die
namibische Region Caprivi ein, ein Gebiet westlich des Kwando.
Dort siedelten sich die Mafwe hauptsächlich im östlichen
Caprivi an. Unter Chief Mamili verwalteten die Mafwe das um
den Fluss Mashi herum liegende Gebiet. Die Familie Mamili ist
bis heute die herrschende Dynastie der Mafwe.
Bei einem Distriktshandel zwischen den deutschen und den
britischen Kolonialmächten fiel 1909 das Gebiet an die
Deutschen. Dadurch, dass die Deutschen Chief Mamili zu ihrem
Ansprechpartner bestimmten, erhielten die Mafwe bei den
Kolonialisten ihre Anerkennung als Stamm.
Die deutsche Kolonialherrschaft dauerte fünf Jahre an, 1914
wurde sie von den Briten auf friedliche Weise abgelöst.
1920 teilte der Völkerverbund die Kontrolle über Caprivi
Südafrika zu. Südafrika hatte aber ebenso wenig wie zuvor die
Kolonialmächte ein Interesse an einer wirtschaftlichen Nutzung
des Gebietes. Erst mit dem Odendaal-Plan von 1964 begann eine
Entwicklung des Caprivis als südafrikanisches Grenzgebiet,
woraufhin eine Widerstandsgruppe entstand, die sich zu einer
Separatistenbewegung entwickelte. Zentrale Figur war dabei
Mishake Muyongo, ein Angehöriger der Häuptlingsfamilie der
Mafwe. Ende des letzten Jahrhunderts bereitete sich die
Bewegung auf einen Kampf vor, woraufhin der namibische Staat
begann, die Widerstandskämpfer aufzuspüren und dingfest zu
machen. Muyongo, der damals amtierende Chief Boniface Bebi
Mamili und tausende Bewohner Caprivis flüchteten nach
Botswana. Der später stattfindende Aufstand wurde von der
namibischen Armee innerhalb weniger Stunden niedergeschlagen.
Seitdem herrscht Ruhe in der Region. Nicht alle Mafwe stehen
hinter der Idee eines unabhängigen Caprivi. Die Mafwe sind
keine politische Gemeinschaft, in der alle derselben
politischen Gesinnung folgen, sondern sie bilden eine
„traditionelle Gemeinschaft“, mit einer selbst organisierten
Verwaltung und einer eigenen Rechtsprechung. Den
traditionellen Führern ist durch die Verfassung Namibias von
1990 ein Platz im politischen System Namibias eingeräumt. Sie
agieren als Bindeglied zwischen ihrem Volk und der Regierung
Namibias und vertreten die Interessen ihrer Gemeinschaft. Als
Oberhaupt der Mafwe ist seit 1999 George Simasiku Mamili einer
der „Könige des Caprivi“.
Die Kultur der Mafwe
Wie viele afrikanische Völker besitzen die Mafwe einen
umfangreichen Wissensschatz und spezielle Traditionen und
Rituale. Vieles davon wurde während der Kolonialzeit
unterdrückt oder schlichtweg verboten. Dazu gehören
beispielsweise religiöse Zeremonien wie Gebete an die
Vorfahren um Regen, für eine reiche Ernte, um Heilung bei
Krankheiten oder um den Segen für Neugeborene. Teil der Kultur
der Mafwe sind ebenfalls traditionelle Zeremonien, wie z.B.
Initiationsriten, der Hochzeitstanz bei Eheschließungen oder
althergebrachte Lieder und Gesänge.
Die Mafwe verfügen über ein einzigartiges Wissen über Pflanzen
und Tiere. Dazu gehört nicht nur das Wissen, ob eine Pflanze
giftig ist, sondern auch Methoden, mit denen im Zweifelsfall
bestimmt werden kann, ob eine Pflanze oder eine Frucht
genießbar sind. Dazu kommt die Kenntnis über den medizinischen
Nutzen von Pflanzen, den Mafwe sind zahlreiche überlieferte
Heilmethoden bekannt. Ebenso kennen sie traditionelle
Zubereitungsarten, zu ihrer Nahrung gehören Mahangobrei, Hirse
und Baobab-Früchte, die Früchte des Affenbrotbaumes.
Seit jeher leben die Mafwe von der Fischerei, dem Ackerbau und
der Viehzucht. Früher fertigten sie sich selbst ihre Waffen
wie Pfeile, Bögen und Speere an oder errichteten selbstgebaute
Tierfallen. Handgearbeitete Körbe, Matten und Kleidung aus
Bast gehören zu der Handwerkskunst der Mafwe, ebenso wie die
Herstellung von Parfüm und Schmuck. Sie verfügen über
Techniken, mit denen sie Werkzeug und Instrumente zu
fabrizieren.
Ein großer Teil des Wissens wird mündlich überliefert. Zu
ihrer Sprache gehören eine Reihe von Redewendungen und
Sprichwörtern, mit denen ihre Weisheit und die ihnen eigene
Lebensanschauung vermittelt wird. So verfügen die Mafwe über
„entango“, Fabeln und Märchen mit erzieherischem Wert. Spiele
wie „kanamundame“ und „mulabalaba“ sind vergleichbar mit
Schach und trainieren die logischen Fähigkeiten. Beim Spiel
„manduwani“ stellen die Kinder die Aufgaben und
Verhaltensweisen der Älteren nach, ähnlich wie man es hier bei
dem bei Kindern beliebten Spiel „Vater, Mutter, Kind“ kennt.
Das Volk der Mafwe setzt sich aus verschiedenen Clans
zusammen, die sich oft in ihrem Dialekt unterscheiden. Früher
war die Clanzugehörigkeit auch an der Kleidung erkennbar,
verschiedene Clans benutzten unterschiedliche Tierfelle. Auch
bei den Essgewohnheiten gibt es variierende Arten der
Zubereitung. Dennoch gehören alle Mafwe demselben Kulturkreis
an und residieren unter demselben Chief.
Aber auch bei den Mafwe hat der Fortschritt Einzug gehalten.
Heute tragen sie moderne Kleidung, besitzen Autos und Handys.
Gerade die Jugendlichen sind von der westlichen Kultur
geprägt. Um die Traditionen und die Kultur der Mafwe nicht in
Vergessenheit geraten zu lassen, hat die deutsch-namibischen
Organisation „Living Culture Foundation Namibia“ das „Lebende
Museum der Mafwe“ gebaut.
Das „Lebende Museum der Mafwe“
Ein Dorf, wie es das in vorkolonialen Zeiten gegeben hat,
stellt das „Lebende Museum der Mafwe“ dar. Dort wird
präsentiert, wie die Mafwe einmal gelebt haben. Die Einwohner
zeigen den Gästen ihre Tänze, lassen die Besucher die
traditionellen Gerichte probieren und demonstrieren ihre
Methoden zur Herstellung von Schmuck und Werkzeug. Die
Produkte der ursprünglichen Handwerkskunst können im gut
sortierten Craftshop erworben werden.
Den Einwohnern, die das Museum in Eigenregie führen und
ansonsten ihren normalen Tätigkeiten nachgehen, wenn keine
Besucher da sind, bietet das Museum eine willkommene
zusätzliche Einnahmequelle. Das Dorf hat nicht nur den Nutzen,
die Gäste mit der Kultur der Mafwe bekannt zu machen, auch
viele jüngere Mafwe sind mit den Traditionen und Riten ihres
Volkes nicht mehr vertraut. Durch das „Lebende Museum“ wird
die Kultur der Mafwe bewahrt und an die folgenden Generationen
weiter gegeben.
Das Dorf liegt in der Nähe von Singalamwe, etwa 20 Kilometer
von Kongola entfernt. Die Gäste können einen etwa
zweistündigen Rundgang buchen, dessen krönender Abschluss eine
Tanz- und Gesangseinlage ist. Sie können aber auch einen
ganzen Tag mit den Dorfbewohnern verbringen.
Zur Zeit ist die „Living Culture Foundation Namibia“ dabei,
einen Campingplatz in der Nähe des Dorfes zu errichten. Dann
kann dort unter den riesigen Affenbrotbäumen mit Blick auf den
Kwando übernachtet werden. Zurzeit ist gegen eine geringe
Gebühr das Übernachten in einem nahe gelegenen Bushcamp
möglich, allerdings ohne Sanitäranlagen und fließendes Wasser.
Weitere Übernachtungsmöglichkeiten bieten die Lodges in der
Umgebung.
Das Volk der Mbunza
Die Mbunza bilden neben den Kwangali, Mbukushu, Shambyu und
Gciriku einen von fünf Volksstämmen der Gemeinschaft der
Kavango, welche das gleichnamige Gebiet auf beiden Seiten des
Grenzflusses Okavango besiedelt, welcher zwischen Namibia und
Angola verläuft.
Geschichte der Mbunza
Die Kavango lebten ursprünglich in einem Gebiet im heutigen
südwestlichen Tansania. Von dort siedelten sie erst in das
östlich des Kwando-Flusses gelegene Mashi, welches in der
heutigen Westprovinz Sambias liegt. Die bereits in dieser Zeit
herausgebildeten fünf Volksstämme der Kavango zogen aufgrund
einer anhaltenden Dürreperiode und Kämpfen mit einheimischen
Völkern zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in separaten
Zeiträumen in das Gebiet entlang des Okavango.
Während die Shambyu und Gciriku östlich des Okavango siedelten
und die Mbukushu an das angrenzende Gebiet oberhalb des
Okavango-Deltas zogen, wanderten die Mbunza und Kwangali in
die Gebiete westlich des heutigen Rundu, der Hauptstadt der
Region Kavango. Beidseits des Okavango trafen die Kavango auf
die dort lebenden San, die infolge der Zuwanderung weiter
südlich siedelten oder innerhalb der Neuankömmlinge
weiterlebten.
Aufgrund von Flucht, Vertreibung und Bürgerkrieg kam es im 19.
und 20. Jahrhundert zu einer Zuwanderung weiterer Völker aus
dem Norden in das von den Kavango besiedelte Gebiet. Die
Kolonialpolitik Portugals und der Bürgerkrieg in Angola
führten später zu einer fast vollständigen Übersiedlung der
Kavango auf die Südseite des Okavango.
Im Jahre 1903 schätzte man die Kavango ohne die Shambyu auf
insgesamt 9000 Menschen (davon etwa 1000 Mbunza). Von etwa
60000 Menschen in den 60er Jahren stieg die Bevölkerung bis
heute auf etwa 200000 Menschen an, was auch auf die
Zuwanderung aus Angola aufgrund des Bürgerkriegs
zurückzuführen ist. Damit machen die Kavango derzeit circa 10%
der Bevölkerung Namibias aus.
Der gemeinsame Ursprung der fünf Kavango-Gruppen ist der Grund
für die nahe Verwandtschaft ihrer Sprachen, die gemeinhin in
die Bantusprachen miteingefasst werden und von den einzelnen
Sprechern verstanden werden. Unter den Mbunza ist das
RuKwangali der Kwangali weit verbreitet.
Religion der Mbunza
Der Glaube nimmt im Leben der Kavango – und damit auch der
Mbunza – einen hohen Stellenwert ein und ist eng mit
kulturellen und gesellschaftlichen Aspekten verknüpft. Das
höchste Wesen dieses monotheistisch geprägten Glaubenssystems
ist Karunga, welcher sich im Wind verkörpert und sich den
Menschen so offenbart. So wird ein Sturm etwa als Karungas
Zorn gedeutet.
Auch Ahnengeister sind zentraler Bestandteil im Glauben der
Kavango. In Gebeten und Opferriten werden sie um Schutz und
Wohlwollen gegenüber Familienmitgliedern gebeten. Bei
Krankheiten oder Missgeschicken entscheiden sie über die
Heilung durch Wahrsager (Katemba) und Heiler (Ngana). Diese
Rollen fallen traditionell den Frauen zu und haben eine große
Bedeutung innerhalb der Gesellschaft.
Seit Beginn des 20. Jahrhundert wurden die Kavango vereinzelt
missioniert und praktizieren heute zu 80% den christlichen
Glauben, der aber weiterhin eng mit Elementen der
traditionellen Religion verflochten ist.
Wirtschaft der Mbunza
Ausschlaggebend für die wirtschaftliche Struktur der gesamten
Kavango ist bis heute der Fluss Okavango. Fischreichtum und
die während der Regenzeit im Februar und März einsetzende
Überschwemmung beider Ufergebiete mit ihrem fruchtbaren Boden
ermöglichen Fischfang, Ackerbau und in geringem Maße auch
Viehzucht im Rahmen einer bedürfnisorientierten
Subsistenzwirtschaft. Früher spielte die Jagd besonders bei
den im trockenen Inland lebenden Kavango eine Rolle, wo sie
von anderen Kulturen übernommen wurde. Heutzutage ist das
Jagen im Gebiet der Kavango jedoch verboten.
Die traditionellen Fischfangmethoden wurzeln in Erfahrungen,
die über Jahrhunderte gesammelt- und den Lebensbedingungen
immer wieder angepasst wurden. Eine differenzierte Benennung
von Flora und Fauna im Einzugsbereich des Flusses, sowie
zahlreiche Mythen über den Fluss zeugen von einer tiefen
Verbundenheit mit dem Okavango. In den fruchtbaren
Uferbereichen werden unter anderem Hirse, Mais und Feldfrüchte
angebaut. In der Viehzucht ist eine Unterart des Watussirindes
weit verbreitet. Von großer Bedeutung für die Wirtschaft der
Kavango ist auch das Kunsthandwerk der Holzschnitzer. Diese
stammen größtenteils von den Chokwe, einer ethnischen Gruppe
der Bantu ab, die aus Angola und dem Kongo eingewandert sind.
Das Herstellen von Musikinstrumenten, Haushaltsutensilien und
Möbeln, sowie Ornamenten, Masken und Kanus (Mokoros) aus einer
Art des Blutholzbaumes, die im Kavango und dem Sandveld das
Kalahari-Beckens wächst, ist seit jeher Aufgabe der Männer,
wohingegen Frauen sich der Webkunst und dem Tonhandwerk
widmen.
Gesellschaft der Mbunza
Geschichte, Kultur und Lebensart der Mbunza vermitteln, sowie
eine unabhängige Einkommensquelle schaffen und die Tradition
der Mbunza bewahren: Diese Ziele verfolgt die lokale
Bevölkerung mit dem ungefähr 14km westlich von Rundu am
Sansitu-See gelegenen Lebenden Museum der Mbunza. Das von der
Living Culture Foundation Namibia (LCFN) unterstützte und
empfohlene Projekt möchte den Besuchern das traditionelle
Leben der Mbunza auf interaktive und anschauliche Weise
näherbringen.
Auf dem ausschließlich aus natürlichen Materialien erbauten
Hof ermöglichen verschiedene Führungen es den Interessierten,
das alltägliche Leben (die Herstellung von Körben, Feuermachen
und traditionell kochen), Fischerei und Ackerbau, sowie
Kunsthandwerk (Töpferei, Trommelbau) und Technik
(Schmiedekunst) kennenzulernen und in praktischen Workshops
selbst zu erfahren. Der Besucher kann je nach Interesse einen
Topf aus Ton töpfern, Messer, Pfeil und Bogen herstellen oder
einen Korb weben.
Einer kurzen Buschwanderung mit Fischfang in dem seit
Jahrhunderten von den Kavango bewohnten Gebiet folgt am Ende
des Besuches die Darbietung der traditionellen Tänze und
Spiele. In dem auf dem Areal liegenden Craftshop wird den
Besuchern eine Auswahl verschiedener Kunsthandwerke angeboten.
Die Mitarbeiter und Akteure des Museums sprechen das hier
verbreitete RuKwangali, welches vom Guide ins Englische
übersetzt wird. Dies führt zusammen mit der traditionellen
Kleidung, die von den Akteuren getragen wird, zu einer
einzigartig authentischen Atmosphäre, die einen tiefen
Einblick in die so wenig bekannte Tradition und Lebensart der
Mbunza ermöglicht.