Das Volk der Mbunza
Die Mbunza bilden neben den Kwangali, Mbukushu, Shambyu und
Gciriku einen von fünf Volksstämmen der Gemeinschaft der Kavango,
welche das gleichnamige Gebiet auf beiden Seiten des Grenzflusses
Okavango besiedelt, welcher zwischen Namibia und Angola verläuft.
Geschichte der Mbunza
Die Kavango lebten ursprünglich in einem Gebiet im heutigen
südwestlichen Tansania. Von dort siedelten sie erst in das östlich
des Kwando-Flusses gelegene Mashi, welches in der heutigen
Westprovinz Sambias liegt. Die bereits in dieser Zeit
herausgebildeten fünf Volksstämme der Kavango zogen aufgrund einer
anhaltenden Dürreperiode und Kämpfen mit einheimischen Völkern
zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert in separaten Zeiträumen in
das Gebiet entlang des Okavango.
Während die Shambyu und Gciriku östlich des Okavango siedelten und
die Mbukushu an das angrenzende Gebiet oberhalb des
Okavango-Deltas zogen, wanderten die Mbunza und Kwangali in die
Gebiete westlich des heutigen Rundu, der Hauptstadt der Region
Kavango. Beidseits des Okavango trafen die Kavango auf die dort
lebenden San, die infolge der Zuwanderung weiter südlich siedelten
oder innerhalb der Neuankömmlinge weiterlebten.
Aufgrund von Flucht, Vertreibung und Bürgerkrieg kam es im 19. und
20. Jahrhundert zu einer Zuwanderung weiterer Völker aus dem
Norden in das von den Kavango besiedelte Gebiet. Die
Kolonialpolitik Portugals und der Bürgerkrieg in Angola führten
später zu einer fast vollständigen Übersiedlung der Kavango auf
die Südseite des Okavango.
Im Jahre 1903 schätzte man die Kavango ohne die Shambyu auf
insgesamt 9000 Menschen (davon etwa 1000 Mbunza). Von etwa 60000
Menschen in den 60er Jahren stieg die Bevölkerung bis heute auf
etwa 200000 Menschen an, was auch auf die Zuwanderung aus Angola
aufgrund des Bürgerkriegs zurückzuführen ist. Damit machen die
Kavango derzeit circa 10% der Bevölkerung Namibias aus.
Der gemeinsame Ursprung der fünf Kavango-Gruppen ist der Grund für
die nahe Verwandtschaft ihrer Sprachen, die gemeinhin in die
Bantusprachen miteingefasst werden und von den einzelnen Sprechern
verstanden werden. Unter den Mbunza ist das RuKwangali der
Kwangali weit verbreitet.
Religion der Mbunza
Der Glaube nimmt im Leben der Kavango – und damit auch der Mbunza
– einen hohen Stellenwert ein und ist eng mit kulturellen und
gesellschaftlichen Aspekten verknüpft. Das höchste Wesen dieses
monotheistisch geprägten Glaubenssystems ist Karunga, welcher sich
im Wind verkörpert und sich den Menschen so offenbart. So wird ein
Sturm etwa als Karungas Zorn gedeutet.
Auch Ahnengeister sind zentraler Bestandteil im Glauben der
Kavango. In Gebeten und Opferriten werden sie um Schutz und
Wohlwollen gegenüber Familienmitgliedern gebeten. Bei Krankheiten
oder Missgeschicken entscheiden sie über die Heilung durch
Wahrsager (Katemba) und Heiler (Ngana). Diese Rollen fallen
traditionell den Frauen zu und haben eine große Bedeutung
innerhalb der Gesellschaft.
Seit Beginn des 20. Jahrhundert wurden die Kavango vereinzelt
missioniert und praktizieren heute zu 80% den christlichen
Glauben, der aber weiterhin eng mit Elementen der traditionellen
Religion verflochten ist.
Wirtschaft der Mbunza
Ausschlaggebend für die wirtschaftliche Struktur der gesamten
Kavango ist bis heute der Fluss Okavango. Fischreichtum und die
während der Regenzeit im Februar und März einsetzende
Überschwemmung beider Ufergebiete mit ihrem fruchtbaren Boden
ermöglichen Fischfang, Ackerbau und in geringem Maße auch
Viehzucht im Rahmen einer bedürfnisorientierten
Subsistenzwirtschaft. Früher spielte die Jagd besonders bei den im
trockenen Inland lebenden Kavango eine Rolle, wo sie von anderen
Kulturen übernommen wurde. Heutzutage ist das Jagen im Gebiet der
Kavango jedoch verboten.
Die traditionellen Fischfangmethoden wurzeln in Erfahrungen, die
über Jahrhunderte gesammelt- und den Lebensbedingungen immer
wieder angepasst wurden. Eine differenzierte Benennung von Flora
und Fauna im Einzugsbereich des Flusses, sowie zahlreiche Mythen
über den Fluss zeugen von einer tiefen Verbundenheit mit dem
Okavango. In den fruchtbaren Uferbereichen werden unter anderem
Hirse, Mais und Feldfrüchte angebaut. In der Viehzucht ist eine
Unterart des Watussirindes weit verbreitet. Von großer Bedeutung
für die Wirtschaft der Kavango ist auch das Kunsthandwerk der
Holzschnitzer. Diese stammen größtenteils von den Chokwe, einer
ethnischen Gruppe der Bantu ab, die aus Angola und dem Kongo
eingewandert sind. Das Herstellen von Musikinstrumenten,
Haushaltsutensilien und Möbeln, sowie Ornamenten, Masken und Kanus
(Mokoros) aus einer Art des Blutholzbaumes, die im Kavango und dem
Sandveld das Kalahari-Beckens wächst, ist seit jeher Aufgabe der
Männer, wohingegen Frauen sich der Webkunst und dem Tonhandwerk
widmen.
Gesellschaft der Mbunza
Geschichte, Kultur und Lebensart der Mbunza vermitteln, sowie eine
unabhängige Einkommensquelle schaffen und die Tradition der Mbunza
bewahren: Diese Ziele verfolgt die lokale Bevölkerung mit dem
ungefähr 14km westlich von Rundu am Sansitu-See gelegenen Lebenden
Museum der Mbunza. Das von der Living Culture Foundation Namibia
(LCFN) unterstützte und empfohlene Projekt möchte den Besuchern
das traditionelle Leben der Mbunza auf interaktive und
anschauliche Weise näherbringen.
Auf dem ausschließlich aus natürlichen Materialien erbauten Hof
ermöglichen verschiedene Führungen es den Interessierten, das
alltägliche Leben (die Herstellung von Körben, Feuermachen und
traditionell kochen), Fischerei und Ackerbau, sowie Kunsthandwerk
(Töpferei, Trommelbau) und Technik (Schmiedekunst) kennenzulernen
und in praktischen Workshops selbst zu erfahren. Der Besucher kann
je nach Interesse einen Topf aus Ton töpfern, Messer, Pfeil und
Bogen herstellen oder einen Korb weben.
Einer kurzen Buschwanderung mit Fischfang in dem seit
Jahrhunderten von den Kavango bewohnten Gebiet folgt am Ende des
Besuches die Darbietung der traditionellen Tänze und Spiele. In
dem auf dem Areal liegenden Craftshop wird den Besuchern eine
Auswahl verschiedener Kunsthandwerke angeboten.
Die Mitarbeiter und Akteure des Museums sprechen das hier
verbreitete RuKwangali, welches vom Guide ins Englische übersetzt
wird. Dies führt zusammen mit der traditionellen Kleidung, die von
den Akteuren getragen wird, zu einer einzigartig authentischen
Atmosphäre, die einen tiefen Einblick in die so wenig bekannte
Tradition und Lebensart der Mbunza ermöglicht.